Jeder Schriftgelehrte, der ein Jünger im Himmelreich geworden ist, ist wie ein Hausherr, der aus seinem reichen Vorrat Neues ebenso hervorholt wie Altes. Mat 13:52
Über Jahre hinweg lebte ich in der Zukunft. Eines Tages. Irgendwann. Es wird geschehen. Ich nannte das Ganze “Leben im Glauben”. Doch dann wurde mir klar, dass es das nicht war.
Was ist nun also der Glaube? Er ist das Vertrauen darauf, dass das, was wir hoffen, sich erfüllen wird, und die Überzeugung, dass das, was man nicht sieht, existiert. Heb 11:1
Oder nicht vollständig. Ich vertraute darauf, dass meine Hoffnungen sich erfüllen würden – oder tat ich das wirklich? Eigentlich versuchte ich durch mein “in der Zukunft leben” zwei Dinge:
Ich entlastete mich davon, im Hier und Jetzt etwas tun zu müssen, ja überhaupt etwas tun zu müssen. Denn ich delegierte die Verantwortung an Gott, und wartete auf ihn. In der Zwischenzeit konnte ich genau nur dieses tun: Warten.
Doch dann las ich den zweiten Teil des Verses im Hebräer: die Überzeugung, dass das, was man nicht sieht, existiert.
Natürlich kann ich das jetzt als Glauben an Gott interpretieren. Schliesslich sehe ich ihn nicht, und Jakobus sagt uns schon, dass wir erst einmal an Gott glauben müssen. Er fährt aber fort, dass selbst die Dämonen glauben. Der Glaube an Gott allein ist also nicht genug dafür, Gott zu gefallen – denn ohne Glauben können wir Gott nicht gefallen.
Glaube ist vielmehr die Überzeugung, dass
- alles, worum wir in Seinem Namen und Willen bitten, bereits IST.
- Er am Kreuz bereits alles für uns getan hat.
- wir bereits jetzt eine neue Kreatur sind.
Es existiert, und trotzdem sehe ich es oft noch nicht. Das bedeutet Zweierlei:
Was ich glaube, hat sich noch nicht in unserer Welt manifestiert. Auf Deutsch: ich kann es noch nicht greifen, andere können es noch nicht sehen, es ist noch kein Fakt.
Dabei verstehe ich einen Fakt als etwas momentan unumstösslich Wahres in dieser Welt, aber vergänglich. Ein Holztisch ist ein Fakt, bis er mit Hilfe von Benzin und Streichholz Geschichte wird.
Eine Wahrheit jedoch ist ewig, selbst dann, wenn sie noch nicht Fakt ist.
Die zweite Bedeutung von “noch nicht sehen” ist, dass ich noch nicht wirklich daran glaube. Ich kann die Wahrheit noch nicht erkennen, selbst nicht mit meinem geistigen Auge. Ich kann sie noch nicht visualisieren.
Das aber ist Glaube. Mein Vertrauen in Gott, unsere Beziehung, die Tat Jesu am Kreuz ist so gross, dass ich gar nicht anders kann. Ich sehe, ich visualisiere, was andere noch nicht sehen können. Ich weiss, dass Gott es bereits geschaffen hat. Es muss sich nur noch in dieser Welt materialisieren.
Dazu braucht es Vorbereitung meinerseits. Ich mache mich bereit für den Fakt. Das Warten wird aktiv.
Dazu braucht es die Vorbereitung anderer. Umstände und Zeit müssen in Einklang kommen mit Gottes Willen.
Und doch: es ist schon wahr.
Jesus beantwortet eine Frage, die zwischen Pharisäern und Saduzäern zu Unstimmigkeiten führte, so: Gibt es die Auferstehung? Wir nennen Gott den Gott von Abraham, Isaak und Jakob, und Gott ist kein Gott der Toten.
Gott selber nennt sich gegenüber Mose der “Ich bin”.
Jesus nennt sich mehrmals “Ich bin”. Zum Beispiel im Garten Gethzemaneh, als er von den Soldaten abgeholt wurde – und alle fielen um.
Jesus am Kreuz sagt: es ist vollbracht.
Wir sind sein Körper, er das Haupt. Wenn man mir ruft, kommt mein Körper auch mit. Körper und Haupt sind eins. So wie Jesus betete: lass sie eins sein mit uns, so wie wir eins sind. Der Vater beantwortete dieses Gebet, und es wurde Fakt – am Kreuz und in Pfingsten. Und wir leben es heute aus.
Kann ich dann guten Gewissens sagen: Ich bin?
Ich bin. Ich bin Frieden. Ich bin Geduld (und alle, die mich kennen, grinsen jetzt ein bisschen – aber ich spreche hier über Glauben). Ich bin ein Sohn Gottes.
Ich bin ein Lehrer. Gott hat mich dazu berufen. Andere haben es bestätigt. Ich lebe es aus. Ich wachse darin.
Und ich bin ein Schriftsteller. Veröffentlicht? Zählt ein Blog? Aber es ist wahr. Was Gott mir bereits als Kind zeigte, lange bevor ich ihn kannte, was ich mir bereits in der Primarschule wünschte, ist wahr. Und ich lebe es aus.
Was ist wahr in Deinem Leben, aber noch kein Fakt? Das zu realisieren, zu verwirklichen, ist Glaube.
Jetzt lebe ich, als ob ich wär, und siehe – ich bin.