Imitieren

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Folgt meinem Beispiel wie ich dem Beispiel Christi!

1Kor 11:1

Paulus ruft uns immer wieder dazu auf, ihn zu imitieren. Sei es im Umfeld der Rücksichtnahme auf andere und der persönlichen Freiheit, wie in diesem Kontext, oder wenn es um die Freiheit vom Gesetz geht (vgl. Gal 4:12).

Oder wie wäre es mit 1Kor 4:16? Hier wird es allgemein. Paulus ist der Vater der Gemeinde in Korinth. Sie haben zwar viele Lehrer, wie z.B. Apollos, Priscilla und Aquila, und jetzt auch Timotheus, aber nur wenige Väter – und dazu zählt sich Paulus als Gründer der Gemeinde.

Schränkt er hier ein, was wir imitieren sollen an ihm?

Mitnichten.

Seinem Sohn Timotheus sagt er sogar, dass er alles, was er gehört und gelernt habe, weitergeben soll (vgl. 2 Tim 1:13-14;2:2-3).

Viele sehen in Paulus eine speziell dazu berufene Person mit dem Auftrag, einen grossen Teil des Neuen Testaments zu schreiben. Und das stimmt. Nur: Paulus selbst wusste das nicht. Was er sein wollte, ist ein Vorbild für die Christen seiner Zeit.

Er beschränkt seinen Rat, ihn zu imitieren, nicht auf Pastoren, andere Apostel, Leiter oder Älteste. Er spricht jeden Leser seiner Briefe an. Nur die direkten Worte an Timotheus dürfen als an Leiter gerichtet interpretiert werden. Das Spezielle an ihnen: die Aufforderung, das Gelernte an fähige Menschen weiterzugeben.

Wir alle sind also dazu berufen, so zu leben, wie Paulus es getan hat. Leiter sollen zusätzlich weitergeben, was sie wissen. Allerdings gilt dies wiederum nicht nur für Leiter, denn er gibt den Auftrag auch an z.B. ältere Frauen, welche jüngere Frauen dazu anleiten sollen, einen göttlichen Lebensstil zu verfolgen (vgl. Tit 2:3-6).

Es gibt speziell berufene und begabte Menschen, die den Auftrag haben, andere in die Reife zu führen (vgl. Eph 4:11-16). Die Salbung ihres Amtes erlaubt es ihnen, gerade den Lehrdienst, aber auch das Mentoring effektiver und mit Autorität zu verfolgen.

Sagen wir es noch anders: jeder Christ hat seine Einfluss-Sphäre (vgl. 2 Kor 10:13). Innerhalb dieser hat er die Autorität, zu wirken und durch seinen Einfluss Veränderung herbeizuführen.

Wir sind geleitet durch den Geist Gottes (vgl. Rom 8:14), innerhalb der Parameter des Wortes (vgl. Joh 14:26).

Paulus hat nun, unter der Leitung des Heiligen Geistes, die Schriften des alten Testaments z.T. allegorisch ausgelegt. Viele Bibellehrer weisen darauf hin, dass Paulus das durfte wegen seiner speziellen Berufung. Ich glaube, dass wir das ebenfalls dürfen, wegen unserer Berufung, Paulus zu imitieren.

Die Autorität der Schriftauslegung des Paulus umfasst seine ganze Einfluss-Sphäre: die ganze Christenheit. Unsere Autorität umfasst unsere Einfluss-Sphäre, sei dies die Familie, die Gemeinde, oder auch nur unser eigenes Leben.

Paulus hat sich darauf berufen, seine Botschaft von Jesus direkt bekommen zu haben. Trotzdem hat er sie den anderen Aposteln zur Begutachtung vorgetragen (vgl. Apg 15) und war nie allein unterwegs. Wir tun gut daran, Väter und Begleiter einzubinden, damit wir nicht „abspacen“ und die Parameter der Bibel verlassen.

Vor allem aber ist es wichtig, die Stimme des Heiligen Geistes zu hören.

In diesem Rahmen hat die Exegese durchaus ihren Platz. Was sagt der Text, auf den der Heilige Geist den Finger legt, im ursprünglichen historischen und textuellen Rahmen aus? Unterstützt der Text, was ich neu darin zu erkennen glaube? Unterstützen die Prinzipien der ganzen Bibel es? Gibt es andere Verse, die es mir erlauben, den Gedanken im Wort zu verankern? Welche Grenzen legt die Bibel auf die Interpretation, die ich neu mache?

Ein Bild, eine Allegorie, ein Gleichnis hat immer seine Grenzen, innerhalb derer es hilfreich ist. Wird das Bild zu weit getrieben, entstehen Verwirrung oder Irrlehren.

So stehen z.B. der neutestamentliche Apostel und Prophet in einer ähnlichen Beziehung zueinander wie der alttestamentliche König und Prophet. Macht und Autorität sind nicht in einer Person vereint, sondern verteilt. Ein System von Checks und Balances. Wird das Bild zu weit getrieben, entsteht ein autoritäres System, in dem Apostel sogar fast über Leben und Tod entscheiden (vgl. Shepherding Movement).

In einem entsprechenden Rahmen von Check and Balances, geistlicher Vaterschaft, unter der Autorität des fünffachen Dienstes werden die Grenzen der Exegese gesprengt.

Es ist nicht mehr nur wahr, was in der Bibel steht – wir sind nicht geleitet vom Wort, welches uns der Heilige Geist erklärt -, sondern was im Rahmen der Bibel Leben bringt – wir sind geleitet vom Geist innerhalb der Parameter der Bibel.

Das Perfekte (vgl. 1 Kor 13:10) ist nun nicht die Bibel, sondern das Wort Gottes, also Jesus Christus (vgl. Joh 1:14) selbst und wachstümlich manifestiert in Christen bis hin zu den reifen Söhnen Gottes (vgl. 1 Joh 2:12-14, Röm 8:19).

Imitieren wir also Paulus in allen Aspekten, im entsprechenden Rahmen.

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