Der Wiederherstellungsprozess Gottes spricht alle Bedürfnisse an, die der Mensch hat. In der Schöpfung angelegt ist alles, was der Mensch braucht.
- Grundbedürfnisse (Überleben)
- Eine Heimat (Garten)
- Nahrung (alle Bäume, ausser dem einen)
- Sicherheit und Soziales
- Intimität, Beziehung zu Gott und anderen
- Grenzen
- Individuelle Bedürfnisse und Selbstverwirklichung (ganzes Potential entwickeln)
- Ressourcen
- Ein Sinn im Leben in Form einer Aufgabe mit Verantwortung
- Die Möglichkeit, schöpferisch tätig zu sein (Nachwuchs, Garten gestalten, Tiere benennen)
- Transzendenz (über sich hinauswachsen)
- Intimität mit Gott, in seinem Ebenbild geschaffen
Der Fall machte vieles schwieriger oder sogar unmöglich, wie zum Beispiel die Transzendenz. Gott stellt nun all dies wieder her. Dazu geht er in Stufen vor und lässt den Menschen genug Zeit, in die jeweilige Stufe hineinzuwachsen.
In Spiral Dynamics wurde ein Modell gefunden, diese Stufen zu veranschaulichen. Dieses Modell wurde erfolgreich in einigen grossen Projekten weltweit getestet, wie z.B. die Formung einer neuen Gesellschaft nach dem Niedergang der Apartheid in Südafrika (nicht perfekt, aber doch besser als z.B. Russland nach dem Ende des Kommunismus). Stimmt das Modell? Zu mindestens hat es sich als sehr hilfreich bei grossen Aufgaben erwiesen. Gleichzeitig kann gezeigt werden, dass jeder Mensch die einzelnen Stufen in seinem Leben ebenfalls durchläuft. Meist ist der Entwicklung des Individuums aber eine Grenze gesetzt durch die Gemeinschaft, in der es aufwächst. Über die Stufe hinaus zu wachsen, in der seine Umgebung sich befindet, bedeutet viel Arbeit und einen grossen Kampf. Es ist auch unmöglich, eine Stufe auszulassen.
Die einzelnen Stufen werden normalerweise mit Farben kodiert, um besser darüber reden zu können. Beginnen wir am Anfang.
Beige – Überleben – lose Familienbeziehungen, archaisch, instinktiv – Instinkte und angeborene Sinne schärfen
Gleich nach dem Fall befanden sich Adam und Eva und ihre kleine Familie in der ersten Stufe, Beige. Es ging ums nackte Überleben. Gott versorgte sie und gab ihnen Schutz (Kains Mal), auch voreinander in Form von Kleidung. Es geht primär ums Ego: Kain tötet Abel. Wie kann ich überleben, ist die Frage. Heute sind dies z.B. Babies, Obdachlose oder Menschen mit Demenz.
Purpur – Ahnengeister – Stammesgefüge, Familie, magisch, mystisch – Harmonie und Sicherheit in geheimnisvoller Welt suchen
In der zweiten Stufe, Purpur, erkennt der Mensch, dass er andere braucht. Die Familie, der Stamm wird zum zentralen Gebilde. Es ist wichtig, mich einzufügen und meine Aufgabe zu erfüllen, denn der Ausschluss bedeutet den sicheren Tod. Wir sehen diese Stufe bei Noah, aber auch bei Abraham. Lot hat grosse Probleme nach seinem Wegzug. Gott wird magisch erlebt: ausserhalb des Stammesgebietes lauert die Gefahr, Fehlverhalten zieht drakonische Strafen nach sich (Sodom und Gomorrha). Aber Gott stellt sich zu den Seinen. Er ist der Gott der Vorfahren, der Gott Abrahams, Isaacs und Jakobs. Indigene Völker sind oft auf dieser Stufe zu finden, so wie Kleinkinder.
Rot – Mächtige Götter – egozentrisch, ausprobieren, impulsiv, rebellisch – Impulsiver Selbstausdruck, Freiheitsdrang, Starksein
Die dritte Stufe, Rot, sieht erste Abenteurer und Tyrannen. Sie brechen aus aus der Gemeinschaft, so wie Abraham aus seiner Heimat wegging, oder übernehmen starke Leitungsaufgaben. Denken wir an den Pharao, oder auch an Mose und Josua. Gott befreit aus der Unterdrückung, und die Methoden sind nicht zimperlich (zehn Plagen, ertränkt die Ägypter). David mit seinen Helden. Obwohl das Gesetz da ist, wird es durch Stärke umgesetzt mit drakonischen Strafen (Steinigung). Russland nach dem Untergang des Kommunismus, die Mafia, oder die Männer afrikanischer Stämme sind oft auf dieser Stufe zu finden. Kinder, die langsam ihre Umwelt entdecken, sind rot. Auf dem Spielplatz oder im Kindergarten.
Blau – Macht der Wahrheit – richtig und falsch, absolutistisch, autoritär, hierarchisch – Zweck bestimmen, Ordnung schaffen, Zukunft sichern
Blau kommt als nächstes. Das Chaos wird geordnet. Gesetze und Gebote zügeln das ungehinderte Machtstreben der roten Herrscher (Hammurabi, persisches Königreich, Rom). Mose erhält das Gesetz, welches festlegt, wer zum Volk Gottes gehört (wird zuerst rot mit Macht umgesetzt, später blau durch Ordnung). Halte die Gesetze, dann ist alles gut. In blauen Gemeinschaften bestimmt die Ordnung, der Kodex über Recht und Unrecht, Zugehörigkeit und Ausschluss. Zur Zeit Jesu war die Umwelt blau. Jesu Kreuzigung ist ein Beispiel für Blau. In Rot hätte Herodes oder der Hohepriester einfach entschieden, in Blau aber gibt es Gerichtsverfahren und Zuständigkeiten. Erziehung, aber auch das Schulsystem bringen Kinder auf die blaue Stufe.
Zwischenbilanz
Rom und Israel waren blaue Gesellschaften, wenn auch mit roten Herrschern. Viele der Völker, welche Rom unterwarf, waren Purpur, und für viele war das Leben beige (Sklaven).
Bis jetzt können wir bereits ein paar Dinge sehen: keine der Stufen vergeht je wieder. Immer werden Teile der Gesellschaft auf einer der Stufen zu finden sein, und verschiedene Gebiete der Welt entwickeln sich unterschiedlich schnell. Und die Stufen wechseln zwischen persönlicher Sicht und Gemeinschaftssicht. Es geht um mich und mein Überleben in beige, um Sicherheit in der Familie in Purpur, und mein Ausbrechen aus der Unterdrückung und meine Machtübernahme in Rot, um in Blau die Ordnung als gemeinschaftsbildend zu entdecken und dazuzugehören.
Blau möchte ich etwas genauer betrachten, da die meisten Kirchen nur begrenzt über diese Stufe hinausgewachsen sind. Sie haben zwar Elemente der nächsten Stufen integriert, aber zum Teil nur sehr zaghaft. Andere haben aber wichtige Botschaften des Evangeliums über Bord geworfen, um in die nächsten Stufen hineinzuwachsen, und dienen den blauen Gemeinden als abschreckendes Beispiel für eine Weiterentwicklung.
Blau grenzt sich gegen Aussen ab. Die eigene Doktrin, die ungeschriebenen und geschriebenen Regeln entscheiden über Dazugehören oder nicht. Darum führen neue Erkenntnis, aber auch ungeliebte Entscheide und Entwicklungen oft dazu, dass eine Gemeinschaft sich teilt oder Mitglieder ausgeschlossen werden oder gehen. Es ist daher sehr schwierig, über die Stufe Blau hinauszuwachsen, da es oft mit dem Verlust der Gemeinschaft einhergeht. Dabei spielt es oft eine grössere Rolle, auf welcher Stufe sich die Mitglieder befinden oder sie die Gemeinschaft sehen, als wo die Gemeinschaft tatsächlich steht.
Jede dieser Stufen ist nur entstanden, weil gewisse Nachteile der vorhergehenden Stufe die Menschen dazu zwangen. Gewisse Probleme konnten mit den bisherigen Methoden nicht gelöst werden, oder – positiv – der Mensch hatte die Möglichkeiten der Stufe voll ausgeschöpft und hatte Hunger nach mehr.
Purpur entstand, weil dichtere Besiedlung, Nahrungsmittelknappheit und gefährliche Tiere Jagd- und Kampfgemeinschaften notwendig machten. Rot entstand, weil die Enge der eigenen Familie, des eigenen Stammes in Purpur erdrückend wurde, bzw. die Sicherheit in der Familie den Mut zur Entdeckung weckte. Blau entstand, um sich gegen die Willkür von Rot zu wehren. Dies ist natürlich eine sehr einseitige Betrachtung, und wir sollten nie ausser Acht lassen, dass Gott einen Masterplan hat hinter dieser Entwicklung.
Doch wie geht es weiter?
Orange – Streben und Trachten – Autonomie, Erfolg, strategisch, materialistisch – Analysieren und Planen um des Gedeihens willen
Es brauchte eine Reformation, damit ein neues System, eine neue Stufe entstand. Orange wurde von Luther und anderen, und parallel dazu auch von humanistischen Philosophen angestossen (frühe Anfänge: Francesco Petrarca, Jan Huss, jew. 14. Jh.). Das Individuum, der Erfolg, die Wissenschaft und die Wirtschaft rücken ins Zentrum. Der Humanismus sieht Gott als nicht mehr notwendig. Was Purpur als Magie empfand und mit Gottes Wirken erklärte, was Rot als göttlichen Beistand und Blau als göttliche Ordnung empfand, wurde abgelöst durch Physik, Chemie und Naturgesetze. Aber auch Glaubenssätze wie „einzigartig und wunderbar gemacht“ oder „sola fide“ hatten eine wesentlich tiefere Bedeutung oder wurden erst ermöglicht durch den Begriff des Individuums. Das Credo wurde „alles ist möglich dem, der da glaubt“.
Die Gemeinde im Allgemeinen blieb blau. Sobald jemand eine persönliche Beziehung mit Gott durch Bekehrung erlangt, also eine orange individuelle Entscheidung getroffen hatte, musste er sich in das Regelwerk der blauen Gemeinschaft einordnen. Nicht so war es im Kalvinismus, der den persönlichen Erfolg als Zeichen von Gottes Segen interpretierte und so Streben und Trachten in die Gemeinde hineinbrachte. Darum sind reformierte Gebiete in der Schweiz wohlhabender als katholische. Auch die amerikanische Gemeinde hat sich teilweise nach Orange entwickelt und wurde kommerzialisiert.
Höhere Schulbildung und Eintritt ins Erwerbsleben können dazu führen, dass ein Mensch orange Werte annimmt – oder ihn in Blau halten, da die meisten Unternehmen stark blau organisiert sind.
Grün – Menschliche Verbindungen – Gleichheit, Gemeinschaft, Wertschätzung, Relativismus, Pluralismus – Erforschen des eigenen Inneren, Gleichberechtigung
Die nächste Stufe, Grün, reagierte auf den ungebremsten Machbarkeitswahn von Orange. Umweltschutz, Frauenbewegung, alternative Energie, alternative Schulsysteme und Erziehungsmethoden sind einige Beispiele. Grün steht für Toleranz (ausser gegenüber dem Intoleranten), politische Korrektheit, demokratische Entscheidungsprozesse, Minderheitenschutz, und unendliche Sitzungen ohne Entscheidungsfindung. Hauptsache wir haben darüber geredet. Grün bekämpft jegliche Hierarchie, sei sie nun rot (Herrscher), blau (Priester) oder orange (Geld). In der Gemeinde spricht man vom fünffachen Dienst und der gemeinsamen Leitung, aber auch von Komitees zur Entscheidungsfindung über die Farbe des Teppichs, basisdemokratische Strukturen. Da die Gemeinde aber meist ein blaues System darstellt, führen diese neuen Vorgehensweisen oft zu Spaltungen und Abgrenzungen, denn mein Dazugehören ist ja definiert durch mein Einhalten des Regelwerkes.
Es gibt Gemeinden, die sich nach Grün entwickeln, dabei aber das Kind mit dem Bad ausschütten. So wird der Name Jesus als diskriminierend empfunden, weil der „einzige Weg zum Vater“ Andersdenkene (sprich Buddhisten, Hindus, Moslems, Atheisten, Agnostiker) ausschliesst. Hier wird zu weit gegangen, aber das sieht Grün nicht, da es sich gegen Blau wehren muss. Erst spätere Stufen ermöglichen es, verschiedene Stufen richtig zu integrieren.
Alternative: Blau definiert Wahrheit via richtig und falsch. Grün kann Wahrheit als lebensbringend und als Person (Jesus) definieren. Das schliesst viel mehr ein, ist sowohl individueller als auch situationsbezogener. So kann z.B. in der Erziehung auf die Persönlichkeit und das Alter des Kindes eingegangen werden.
Fazit erste Ebene
Diese sechs Stufen reagieren jeweils auf die Schwächen des Vorgängers und bekämpfen diesen wegen der neuen Erkenntnis. Man fährt von einem Graben in den anderen.
Die nächsten beiden Stufen sind fundamental anders. Zwar sprechen sie die gleichen Bedürfnisse an wie Beige und Purpur. Man könnte also sagen, Gelb sei das neue Beige und Türkis das neue Purpur. Aber anstelle des Ego oder der eigenen Gemeinschaft wird nun die Menschheit betrachtet. Es geht also um das Überleben der Menschheit im Licht der grossen Probleme wie Migration, Terrorismus, Erderwärmung, Armut und Hunger.
Dabei ist Gelb der einsame Wolf, der sich in Türkis zusammenschliesst zu Gruppen und Netzwerken.
Gelb – Flexibilität und Fluss – Anpassungsfähig, Integration, systemisch, konzeptionell, ökologisch, flexibel – Integration und Einpassen von Systemen
Neue Hierarchien entstehen, verändern sich aber ständig, denn wichtig sind die Kompetenzen in der Lösung des anstehenden Problems, nicht die Stärke, das Berufen-Sein, oder das Geld. Gelb bildet lose Gemeinschaften, die projektbezogen sind und wieder zerfallen können. Gelb kann die Stärken jeder vorherigen Stufe erkennen und gewinnbringend einsetzen. Purpurner Zusammenhalt, rote Abenteuerlust, blaue Ordnung, oranger Erfindergeist und grüner Gerechtigkeitssinn werden gezielt eingesetzt. Ein paar Beispiele:
- Beige: Gott ist Versorger, also hat er Lösungen für das Hungerproblem auf Erden.
- Purpur: Oikos, das Haus Gottes, ist Familie, zusammengehalten durch „mystische“ Zeichen wie z.B. das Abendmahl.
- Rot: Nymphe/Braut: verlässt Vater und Mutter, aber auch Kampf gegen das Böse, aber nicht gegen Fleisch und Blut, sondern Mächte und Fürsten
- Blau:Koinonia/Gemeinde/Communio, die Interessengemeinschaft, gemeinsame Interessen halten uns zusammen, und es gibt Verfahren für den Umgang miteinander
- Orange: Ecclesia, die Herausrufung, führt mich über die Interessengemeinschaft hinaus. Gabenorientierte Mitarbeiter. Mein Glaube (Purpur) führt zu guten Werken, auch Epheser 2:10
- Grün: Basileia/Reich Gottes. Allgemeine Priesterschaft, fünffacher Dienst, Gemeinschaft von Priestern und Königen, Gleichbehandlung, Gott hält alles zusammen, seine Sonne leuchtet über Gläubigen und Ungläubigen, Gemeinde weltweit
- Gelb: Soma/Körper, eins in der Individualität, wird erst in Türkis völlig umgesetzt.
Gelb denkt integrativ. Jesus war gelb, als er sich in die Einsamkeit zurückzog, um seine Jünger im Gebet auszusuchen und gezielt einzusetzen. Jüngerschaft als Wachstumsprinzip durch alle Stufen. Integration der Generationen.
Türkis – Global, Harmonie, Mitleid, ganzheitlich – Synergie, Makromanagement
Türkis denkt holistisch und ganzheitlich. Wo Purpur gewillt war, sich für die Familie zu opfern, und Blau dasselbe für die Gemeinschaft oder Grün für die Sache getan hätte, opfert sich Türkis jetzt für die Menschheit. Jesus war in diesem Sinne türkis.
Wie es weitergeht, kann noch nicht abgeschätzt werden. Wahrscheinlich kommt eine neue Aufbruchstimmung, eine neue rote Phase für die Menschheit. Die Farbe ist Koralle – das hat man schon mal festgelegt. Was könnte das beinhalten?
Fazit und Anwendung
Es ist wichtig, als Leiter das gelbe Denken der Integration weiter zu schärfen und so die guten Seiten der vorhergehenden Stufen zu würdigen und weiter verwenden können, ohne durch ein auf eine Stufe begrenztes Denken in der Gefahr zu stehen, auch die negativen Seiten zu übernehmen.
Die Gemeinde in der Schweiz ist mehrheitlich blau. Die reformierte Kirche ist orange und z.T. grün, die katholische hauptsächlich purpurn. Die Menschen in der Schweiz sind zu hohen Prozentsätzen blau ( ca. 30%) und orange (ca. 40%) mit ca. 10% grün. Für die Menschen, die sich nach Orange und Grün entwickelt haben, scheint die Gemeinde ein Rückschritt zu sein. Diese Wertvorstellungen und Weltsicht haben sie gerade mit Macht überwunden.
Die Gemeinde ist nicht blau, weil das biblisch ist. Die Gemeinde ist die Gemeinschaft er Gläubigen, die sich über die Zeit nach Gottes Plan entwickelt. Früher war die Gemeinde ein Magnet, welches die Menschen vorwärts zog. Heute versucht sie, die Menschen wieder zurückzubringen zu früheren Moralvorstellungen und Arten des Zusammenlebens.
Ich glaube, es ist Zeit, die Gemeinde von Grund auf neu zu denken und zu formen. Nicht aufgrund menschlicher Theorien, sondern mit Hilfe des Geistes und des Wortes.