Einheit und Vielfalt

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Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist’s, der mich liebt. Wer mich aber liebt, der wird von meinem Vater geliebt werden, und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren. Johannes 14:21

Wie sehe ich die Welt? Was war zuerst, was ist der erstrebenswerte Zustand, welcher sich oft aus dem Anfang ergibt? Wie ging dieser verloren? Auf was ist also zu verzichten?

Einheit

Viele glauben, dass der Ursprung von allem in der Einheit liegt. Häufig wird dieses Prinzip mit dem Buddhismus, vor allem dem Zen-Buddhismus verbunden, aber auch der Platonismus und Neo-Platonismus denken in diese Richtung. Vielfalt entsteht erst aus der Einheit, dem Einen. Im Buddhismus wird die Einheit als harmonischer Zustand zerstört durch die Vielfalt, seien das Dualismus oder Pluralismus, zwei oder viel. Die Einheit wieder herzustellen ist oberstes Prinzip.

Das Eins, die Einheit kann Eigenschaften besitzen, da ansonsten etwas zweites existieren kann oder muss, das sich davon abgrenzt. Viel schlimmer noch: es muss ein Wort existieren, welches diese Eigenschaft beschreibt. Dadurch, dass das Wort diese Eigenschaft nur beschreibt und nicht selber ist, existieren bereits zwei Dinge, und damit haben wir uns vom harmonischen Ursprung und Ziel entfernt.

Deshalb können auch keine Gedanken existieren, und das Ziel eines Buddhisten ist es, seine Gedanken loszuwerden, um eins mit allem zu werden.

Ebenso dürfen auch keine Beziehungen existieren, da diese ja nur zwischen zwei unterschiedlichen Dingen möglich sind. Auch Emotionen wie Hass sind schlecht, denn sie beschreiben eine Beziehung – was in letzter Konsequenz auch die Liebe tut. Sie ist also ebenfalls trennend und daher schlecht.

Balance

Andere glauben, dass der Ursprung in der Balance jeweils zweier Gegensätze liegt. Diese Balance wurde zerstört und muss wieder hergestellt werden. Das Yin und Yang kommt in den Sinn.

Doch erlaubt dieses Weltbild keine Entwicklung. Sobald die Balance wiederhergestellt ist, darf sich nichts mehr verändern.

Vielfalt und Einheit

Ein Ursprung und Ziel in den Zahlen 1 oder 2, Einheit oder Balance, Monismus oder Dualismus, führen zu statischen Weltbildern, welche sich nicht mehr ändern dürfen, wenn der harmonische Zustand erreicht ist. Der Monismus erlaubt keine Beziehungen, der Dualismus kein Wachstum.

Gehen wir von 3 als Ursprung aus, sieht dies grundsätzlich anders aus.

Wenn diese drei im Gegensatz zueinander stehen, kann allerdings nur in einer Balance wieder Ruhe und Harmonie gefunden werden.

Sind diese drei aber eine Einheit, stehen sie in einer harmonischen Beziehung zueinander. Klar ausgedrückt: sie lieben einander und investieren sich in den anderen.

Warum drei? Wird das ursprüngliche Prinzip in der Beziehung gesehen, können wir das mit der Liebe aufzeigen:

  • Allein kann ich niemanden lieben, da keine Beziehung möglich ist.
  • Zu zweit kann ich lieben,
  • aber erst zu dritt kann ich zeigen, dass ich niemanden mehr liebe als den anderen.

Bedingungslose Liebe kann erst in der Dreierbeziehung wahrlich gezeigt werden. Etwas Viertes dazu zu addieren bringt prinzipiell nichts Neues. Die Dreiheit ist also die Keimzelle, aus der Vielfalt entstehen kann.

Werden bei diesem Wachstum die Prinzipien der Einheit verletzt, wird die Beziehung nicht durch Liebe ausgedrückt, entsteht automatisch ein Dualismus zweier Vielfalten. Daher ist es wichtig, sowohl die Einheit als auch die Vielfalt zu bewahren, ohne einem den Vorrang in Zeit oder Wichtigkeit zu geben.

Liebe

Die Liebe zeigt sich darin, dass ich den anderen höher achte als nicht selbst. In der ursprünglichen Dreiheit, oder – um einen bekannten Begriff zu nehmen, der das ganze Prinzip widerspiegelt – Dreieinigkeit zeigt sich das folgendermassen: Jeder der drei investiert sich und giesst sich in die anderen zwei aus.

Sich in zwei zu investieren, aber auch von zweien zu empfangen – das ist ein wachstümliches Prinzip.

Die einzige Art, dieses Prinzip zu verletzen, ist, sich um sich selber zu drehen oder Lieblinge zu haben, also auf die eine oder andre Weise nicht in andere zu investieren.

Christentum

Das Weltbild der Dreieinigkeit kann leicht als das christliche Weltbild erkannt werden. Vater, Sohn und Heiliger Geist, die sich gegenseitig hochhalten und lieben. Einige theologische Strömungen erklären, dass die Dreieinigkeit aus der Eins entstanden sei – aber das wirft uns zurück auf ein monistisches Weltbild. Gott war seit jeher Drei in Eins.

Der Fall von Adam und Eva ist genau die Falle, welches dieses Weltbild enthält: die Zerstörung der Einheit durch Selbstsucht.

Die Lösung dieses geschaffenen Dualismus ist die komplette Hingabe Gottes an den Menschen, damit der Mensch sich wieder komplett Gott und den anderen hingeben kann. Eine Rückkehr zur Einheit in der Vielfalt. Dies geschah im Kreuzestod Jesu.

Konsequenzen

Aus diesem Weltbild ergeben sich viele Konsequenzen. Ich möchte eine davon hervorheben.

Vielfalt zeichnet sich dadurch aus, dass die einzelnen Teile der Vielfalt sich voneinander unterscheiden. Ansonsten wäre es ein Einheitsbrei. Wenn sich die einzelnen Personen der Dreieinigkeit voneinander unterscheiden, dann sind auch ihre Fähigkeiten, und daraus folgend, ihre Aufgaben verschieden. Liebe auszudrücken geht daher unter anderem sehr gut, wenn ich meine speziellen Fähigkeiten ins Ganze mit einbringe.

Wenn bereits zu Anbeginn Vielfalt vorhanden war, gibt es keine Hierarchie. Jeder dieser Teile hat dieselbe Wichtigkeit, da keines ohne die Eigenschaften der anderen überleben könnte oder ganz wäre.

Im Leib Christi gibt es demnach keine Hierarchie. Natürlich müssen Entscheidungen getroffen werden – warum trifft sie nicht die Person, welche im entsprechenden Bereich ihre Fähigkeiten hat?

Hierarchien, ganz gleich ob sie auf Position, Amt, Macht, Geld, Berufung, Titel, Aufgabe beruhen, rufen alle Dualismus und Trennung hervor – ausser wenn sie temporär sind und auf unserer Einzigartigkeit und der gestellten Aufgabe beruhen.

Das christliche Weltbild ermöglicht Wachstum, Beziehungen, Einheit, Vielfalt und ein hierarchieloses Zusammenleben. Zugegeben: noch sind wir nicht da.

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