Gottes Plan

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Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, damit sie eins seien, wie wir eins sind. Johannes 17:22

Es ist geschehen. Interessanterweise spricht Jesus bereits vor dem Kreuz in der Vergangenheitsform. Für ihn war das Kreuz keine Notwendigkeit, die Herrlichkeit zu erlangen. Er hat sie uns geschenkt. Offensichtlich stand dem nichts im Wege.

In einem früheren Artikel habe ich bereits ausgeführt, dass Ostern nicht notwendig war aus Gottes Sicht, aber sehr wohl aus unserer. Wir brauchen die Wiederherstellung von Gerechtigkeit, nicht Gott.

Und ich meine das nicht auf die traditionelle Art. Es ist nicht so, dass wir den Tod Jesu brauchen, weil unsere Sünden vergeben werden müssen. Gott ist Vergebung. Wir brauchen den Tod, weil in unserem Denken Sünde eine Wiedergutmachung, eine Strafe zur Folge haben muss. Gott ist Gnade, wir verlangen Gerechtigkeit.

Auf Deutsch: ich bin nur bereit zu vergeben, wenn ich weiss, dass der Preis bezahlt wurde. Dafür das perfekte stellvertretende Opfer Jesu. Gott stand einer Versöhnung nie im Wege, wir waren es. Doch dazu lesen Sie am besten den originalen Artikel.

Wozu das Ganze?

Was ist Gottes Absicht? Möchte er angebetet werden und braucht ein Publikum in Ewigkeit? Sind nicht die Engel dienstbare Geister? Möchte er Anbeter aus freien Stücken? Wie frei ist Anbetung, wenn sonst ewige Verdammnis droht?

Möchte Gott teilen, was er hat, und ein Gegenüber, mit dem er Gemeinschaft haben kann? Ich glaube, wir kommen der Sache näher. Sind wir nicht Erben, Miterben Christi?

Geht Gemeinschaft in einer Hierarchie, oder ist sie immer in einem gewissen Grad erzwungen? Echte Gemeinschaft geht unter Wesen gleichen Wertes, so verschieden sie auch sein mögen. Eine natürliche Hierarchie erzwingt auch nicht. Wo wir aber eins sind, gibt es keine Hierarchie.

Doch wie erreicht Gott dies?

Er überwindet unsere Grenzen, indem er sich auf unsere Beschränktheit einlässt und uns mit viel Geduld weiterführt. Genau so, wie wir es mit unseren Kindern tun. Erziehen im Sinne von educare – herausführen.

Beschränktheit tönt hier etwas harsch, aber ist unser Verstehen nicht Stückwerk?

Beispiele

Gehen wir zurück zur Anbetung. Braucht Gott Anbetung? Was wäre seine Motivation, angebetet zu werden? Hat Gott ein Ego, welches gestreichelt werden muss? Sicherlich nicht. Er ruht in seiner Identität und braucht unsere Anerkennung nicht.

Wir hingegen brauchen es, ihn anzubeten, aus den verschiedensten Gründen.

Im Anfang glaubten wir, Gott besänftigen zu müssen, schrieben wir ihm doch alles Leid dieser Welt zu, als Strafe für unser Versagen. Später nannten wir das Versagen Ungehorsam, dann Sünde. Unterwerfung und Anbetung waren Mittel, ein weiteres waren Opfer.

Im Gegenzug schrieben wir all das Gute, das uns geschah, wiederum Gott zu. Zuerst, weil wir brav waren. Später war es reine Gnade, denn wir waren es nicht wert. Unsere Antwort? Dankbarkeit und Anbetung.

Dann wiederum erkannten wir, wieviel höher Gott war als wir. Die Antwort? Staunen und Anbetung.

Nie forderte uns Gott auf, ihn anzubeten. Verbietet er es uns? Seine Engel verbieten es uns, sie anzubeten, denn sie sind nur Geschöpfe wie wir. Gott aber lässt es zu, denn er kennt unser Denken und unsere Bedürfnisse.

Anbetung öffnet unser Herz, richtet uns aus, ob wir damit eine Schuld bezahlen, die Gunst erwerben, uns ihm nahen zu dürfen, seine Stellung bezeugen, oder einfach unseren Gefühlen Ausdruck geben. Gott hat uns zugesagt, dass wir zu ihm kommen dürfen, bedingungslos und ohne Rituale. Er braucht die Anbetung nicht, wir brauchen sie.

Ist Anbetung dann etwas Schlechtes, Unreifes? Nein. Ein Kind gehorcht, ist dankbar, und bestaunt die Fähigkeiten und Liebe des Vaters.

Betrachten wir das Opfer.

Kain und Abel brachten die ersten Opfer dar. Niemand hatte sie dazu aufgefordert. In der Bibel steht nirgends, dass sie opfern sollten. Es entsprang entweder ihren Herzen oder ihren Gedanken.

Im Grunde genommen entspricht das Opfer genau der Anbetung. Ziel ist es entweder, Gott gnädig zu stimmen, Dankbarkeit auszudrücken oder ihn als Höheren anzubeten.

Letzteres sehen wir in der Geschichte von Abraham und Melchizedek. Der Niedere opfert, der Höhere segnet.

Wir opfern also mit einer Erwartung des Segens, zu mindestens teilweise.

Haben wir verstanden, dass Gott Gnade ist? Muss diese erkauft werden? Haben wir begriffen, dass Gott gerne segnet? Dem Segen steht nicht unser fehlendes Opfer oder die Befolgung irgend eines Rituals im Weg, sondern unsere Weigerung, den Segen zu empfangen.

Begegnung

Wir sind Gottes Söhne und Töchter. Das war schon immer so, und wird es immer bleiben. Er erzieht uns, wie wir unsere Kinder erziehen, gemäss unseren Bedürfnissen und unserem Erkenntnisstand, mit dem Ziel vor Augen, uns zu reifen, erwachsenen Menschen zu machen. Ist nicht er es, der uns als Götter bezeichnet?

Kleine Kinder müssen erst einmal überleben, versorgt werden mit allem, was sie brauchen, in vollständiger, unbewusster Abhängigkeit.

Dann brauchen sie Sicherheit in der Beziehung und in der Welt. Hier entwickeln sie Strategien, um die Liebe und die Aufmerksamkeit der Eltern zu erlangen. Könnte hier der Ursprung für Opfer und Anbetung liegen?

Als nächstes ist es dran, einen ersten Schritt in Richtung Selbst zu gehen. Wo wir bisher nur die Bedürfnisse in der Beziehung mit anderen erkannten, entwickeln wir nun ein Ego. Wir rebellieren mit Macht gegen alles und testen die Liebe unserer Nächsten. Wie weit kann ich gehen, ohne diese Liebe zu verlieren?

Wenn hier kein Riegel vorgeschoben wird, der diese Entwicklung des Selbst zwar zu-, aber nicht ausufern lässt, verliert sich das Ego und wird zum Tyrannen. Hier kommt Erziehung hinein, und hier gibt uns Gott das, was wir als Gesetz kennen.

Dieses Gesetz verstehen wir zuerst als eine Reihe Verbote mit entsprechender Strafe. „Du sollst nicht“. Später erkennen wir, dass sie Regeln für ein gesundes soziales Zusammenleben sind. Strafe gibt es nur noch im Extremfall, ansonsten ist Lenkung angesagt. Doch immer noch interpretieren wir die Befolgung des Gesetzes, ob nun äusserlich, weil geschrieben steht, oder innerlich, weil wir es wollen, es im Herzen geschrieben haben, als Notwendigkeit für eine Beziehung mit Gott.

Doch dann fällt uns auf: es gibt eine andere Interpretation. Das Wort, das wir mit „Du sollst“ übersetzt haben, heisst auch „Du wirst“. Wie steht es in der Thora?

„Ich bin der Gott, der Dich aus Ägypten befreit hat. Darum wirst Du keine anderen Götter neben mit haben, wirst nicht töten, und so weiter.“

Der Prozess, durch den Gott uns führt, wird dazu führen, dass wir nicht töten, stehlen, lügen etc. Sozusagen als Nebenprodukt. Warum? Weil wir eins sind mit ihm, und schon immer waren.

Auf dem Weg werden wir uns klar, dass Gott nicht die magische Antwort auf alles ist, was wir nicht verstehen, nicht der Gute, der uns durch all das Leid führt, das wir selbst verschulden, nicht der, den wir zu irgend etwas zwingen können durch unsere Handlungen.

Er ist Gnade, Liebe, Glaube, Hoffnung.

Vor allem aber ist er ich, und ich bin er. Eins. Schon immer.

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