Der Weg zum Vater

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Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.

Joh 14:16

Es gibt keinen anderen Weg zum Vater als durch Jesus.

Eine klare Aussage. Oder ist sie das?

Wie oft lesen wir in Sätze etwas hinein, das nicht dasteht.

Was hörst Du, wenn Du den Satz hörst: niemand kommt zum Vater denn durch mich?

Bis Du bereit, Deine eigene Aussage zu überprüfen?

Viele Christen hören dies: niemand kommt zu Gott denn durch mich.

Natürlich wissen wir, dass mit dem Vater Gott gemeint ist. Insofern scheint die Schlussfolgerung richtig. Sicher ist sie zulässig.

Was aber wenn Jesus ganz gezielt das Wort Vater gewählt hat?

Er könnte das getan haben, weil er die Beziehung zwischen sich selbst und Gott herausstellen wollte und immer vom Vater sprach.

Dann wäre der Schluss, dass er genauso gut von Gott hätte sprechen können, angebracht. Nur würde dann vielleicht verlorengehen, wie wir zum Vater kommen. Nämlich als seine Kinder.

Als Kinder im Sinne von Unmündigen? Eher nicht.

Als Kinder im Sinne von Unverdorbenen? Das können wir uns getrost abschminken, denn jeder hat gesündigt und keiner ist in diesem Sinne unverdorben, sondern wieder gerecht gesprochen und wieder hergestellt.

Als Kinder im Sinne von naiv und gutgläubig? Zum Teil. Aber auf unserer Reise mit Gott in eine reife Beziehung hat sich der Glaube von Naivität und Gutgläubigkeit gewandelt in Vertrauen, welches unter anderem auf der Erfahrung fusst. Sei still, meine Seele, und erinnere Dich an all das Gute, das Gott für Dich getan hat.

Oder sollen wir uns ihm als Söhne und Töchter nähern? Geht es gar nicht um unseren Zustand, sondern um die Beziehung?

Was ist so besonders an einer Vaterbeziehung? Sie ist geprägt von Liebe, Gnade, Förderung, und vielem mehr, aber vor allem ist sie unauslöschlich und ewig. So sehr ich das vielleicht in gewissen Momenten möchte, so wenig kann eine Vaterschaft aufgekündigt werden.

So sehr ein Kind rebelliert, der Vater wird der Vater sein und bleiben. So sehr ein Vater davonrennt und sich der Verantwortung entzieht, so wird er doch der Vater bleiben.

Von unserem himmlischen Vater wissen wir, dass er uns niemals verlässt.

Daraus ergibt sich die Verlässlichkeit, dass Gott am Ende des Weges sein wird, mehr noch, dass er auf dem Weg mit uns sein wird. Denn er ist ein Vater.

Doch stellt sich noch eine weitere Frage.

Könnte es sein, dass Jesus das Wort Vater gewählt hat, weil die Aussage, hätte er Gott gesagt, nicht stimmen würde?

Könnte es sein, dass es viele Wege zu Gott gibt, aber nur einen zu Gott in seiner Eigenschaft als Vater?

Wie kamen wir selber denn zu Gott? Ein jeder von uns könnte, sofern er dies bereits erfahren hat, seinen eigenen individuellen Weg aufzeigen.

Da wären die abenteuerlichsten Geschichten dabei. Tief gläubige Moslems, die auf dem Weg des Islams mit Hunger und Durst nach der Wahrheit und dem Sinn suchten, und im Ramadan Jesus begegneten. Dieser nahm sie vom Weg zu Gott auf den Weg des Vaters.

Menschen, die in der Esoterik irgendwann dem Schöpfer begegneten, der sie liebevoll seinem Sohn vorstellt. So erkennen sie den Vater.

Natürlich sehen wir in jeder dieser Geschichten die Hand Gottes, und gibt es in jeder dieser Geschichten den Zeitpunkt, in der Jesus, der Sohn, uns in die Beziehung eines Sohnes oder einer Tochter hineinnimmt.

Aber wenn wir den Weg betrachten, wie er sich dem einzelnen darstellte, während er ihn ging, dann ist Jesus erst in der Rückschau sichtbar.

Insofern gibt es die unterschiedlichsten Wege zu Gott, aber nur durch den Sohn erkennen wir den Vater, erleben wir die grossartige Gewissheit der unkündbaren Liebe eines Vaters, und begreifen wir, dass wir uns unwürdig benommen haben, aber trotzdem angenommen sind als Sohn oder Tochter.

Wenn ich das Wort „angenommen“ verwende, dann natürlich nicht im Sinne von adoptiert. Nicht so, wie wir das Wort heute interpretieren.

Wir sind in Gottes Ebenbild geschaffen. Wir sind seine Kinder. Vaterschaft kann nicht geleugnet, abgestritten, oder verweigert werden. Daher kann es in der Liebe vom Vater zu uns oder in seiner Akzeptanz uns gegenüber keine zwei Zustände geben. Er steht zu seinem Teil der Beziehung.

Wir sind es, die es nötig haben, ein neues Bild von Vaterschaft und Sohnschaft zu erhalten. Und wir erhalten es im Bild des Sohnes, Jesus. Wir sehen die unabänderliche gegenseitige Liebe und Unterordnung, sehen die totale Akzeptanz, sehen das Zusammenwirkung von Vater und Sohn. Wir sehen Prinzipien wie Gehorsam, Lob, Dialog, Zusammenarbeit, gegenseitige Hingabe, Bestätigung und so vieles mehr.

Wenn aber Jesus der einzige Weg ist zu Gott, dann hat das ein paar Gedanken zur Folge, welche ich hier nicht verschwiegen möchte.

Wenn Jesus der einzige Weg ist zu Gott, und die Vaterschaft ewig ist, also keine Adoption bei Bekehrung, sondern ewig gültiges Prinzip ab Geburt, dann ist Jesus der Weg durch den Islam zu Gott. Dann ist Jesus der Weg in die Esoterik, der dann, bleibt der Mensch willens, hungrig und durstig, zum Vater führen wird.

Dann ist Jesus des Weg in den Alkoholismus, in die Drogen. Ein erschreckender Gedanke, aber vielleicht kennt er die Person so gut, dass er weiss, dass dies der Weg ist zum Heil auf der anderen Seite.

Wenn er das aber nicht ist, wenn er auf diesem Weg, den der Mensch geht, abwesend ist, weil er die Sünde scheut, oder wenn er auf diesem Weg nur der Begleiter ist, der uns nicht allein lässt, dann ist er erst der Weg ab dem Zeitpunkt der Bekehrung.

Ich sage mit diesen Gedanken nicht: so ist es.

Ich sage auch nicht: dann müssen wir uns ja nicht um die anderen kümmern, denn wer wären wir, den Weg Gottes zu beschneiden und zu durchkreuzen?

Wir selber gehören in die Gleichung des Weges. Wir sind ein Wegweiser auf dem Weg, der den Wanderer leitet. Wenn er falsch abbiegt, kommt er nicht vom Weg ab, der Weg verändert sich und führt wohl noch einmal um den Berg herum, aber in letzter Konsequenz ins verheissene Land. Zum Vater.

Die einfache Formel: nur Jesus führt zum Vater. Sie ist gar nicht so einfach und klar, wie wir uns das wünschen.

Alles, was sie uns sagt, ist Folgendes: Als Vater lernen wir Gott nur kennen durch Jesus.

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