Ein neues Weltbild

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Er war da, noch bevor alles andere begann, und er hält die ganze Schöpfung zusammen.

Kolosser 1:17

Die Kabbala beschreibt vier Welten der Schöpfung. Heute würde man vielleicht sagen, vier Prozessschritte, was stimmt, aber sicher zu kurz greift. Aber für unsere Betrachtung heute sind sie sicher ein guter Ausgangspunkt.

Der Ausgangspunkt der Schöpfung ist die Idee. Erste Umrisse, eine Vision, noch sehr abstrakt.

Der zweite Schritt ist die Planung. Diese konzeptionelle Phase konkretisiert die Idee, indem die Umsetzbarkeit geprüft wird und Pläne erstellt. Noch existiert alles aber nur „auf dem Papier“.

Der dritte Schritt wird noch konkreter: die Vorbereitung. In der Küche würde man sagen, das Mise-en-Place. Das Material wird gesammelt, die notwendigen Werkzeuge bereitgestellt.

Im vierten Schritt wird die Idee gebaut und kann verwendet werden.

Diese vier Schritte sind in unserer prozessorientierten Welt zeitliche Abfolgen, obwohl natürlich die Idee, der Plan, sogar das Material weiter existieren, auch nach der Umsetzung. Es sind vielmehr vier Parallelwelten.

Einstein hat uns eine Formel gegeben, wie sich zwei dieser Parallelwelten in unserem Universum zeigen: E=mc2.

Ausgedeutscht und enorm vereinfacht: Energie, das Werkzeug und Material, ist nichts anderes als schnelle Materie.

Könnte man die vier Welten so ausdrücken: Quelle, Liebe, Energie, Materie?

Die Schöpfung wäre in diesem Fall manifestierte Liebe aus der einen Quelle.

Unser heutiger Vers sagt uns, dass alles – und unsere Übersetzung verdeutlicht dies, indem sie sagt: die ganze Schöpfung – vom Sohn zusammengehalten wird.

Unsere traditionelle Vorstellung der Schöpfung ist so:

Es ist ein Prozess. Zuerst hat Gott die Idee, die er dann in einem die ganze Zeit umfassenden Plan konkretisiert, für den er ausserhalb von sich selbst die notwendigen Materialien schafft, um am Schluss den Menschen zu kreieren.

Aus dieser Vorstellung ergibt sich ein Gott ausserhalb der Schöpfung, und, gepaart mit dem Sündenfall, eine Schöpfung ausserhalb von Gott. Jesus hält die Schöpfung bildlich gesprochen zusammen, indem er sie umfasst.

Aber Paulus sieht die Sache etwas anders. Er spricht von „en Christos“, in Christus.

Christus hält alles zusammen, er durchwebt und durchfliesst alles, er ist in allem. Ich sage nicht, dass alles Gott ist (Pantheismus), sondern dass Gott in Allem ist (Panentheismus).

Wenn Christus alles zusammenhält, dann schliessen wir daraus, dass ohne Christus alles auseinanderfliegt. Auf Deutsch: die Schöpfung hört auf zu existieren.

Für mich ist die Schöpfung die Manifestation Christi. Wie heisst es so schön: die erste Bibel ist die Natur. Paulus sagt uns, dass niemand eine Ausrede hat, denn jeder kann Gott in der Natur entdecken.

Die Schöpfung ist die manifestierte Liebe Christi in Form von Energie und Materie, Potential und Verwirklichung.

In diese erste Inkarnation ist Jesus gekommen als zweite Inkarnation, um uns zu zeigen, wie man lebt. Wirklich lebt.

In dieser Auslegung sind wir alle Inkarnationen Christi, ob nun Mensch, Tier, oder Ding.

Natürlich hat dieses Bild enorme Auswirkungen. Ich mache ein Beispiel, als kleinen Exkurs:

Wenn nichts existiert, wenn es nicht von Gott zusammengehalten wird, dann gilt dies auch für Tod und Hölle, aber auch den Feuersee.

Um eine ewige Bestrafung derjenigen Menschen aufrechtzuerhalten, welche Jesus nicht als persönlichen Retter angenommen haben, müsste Christus den Feuersee ewig in Existenz halten, sonst würde er aufhören, zu existieren.

Und so wird aus Gott ein ewig strafender Gott.

Die Verse, welche vom Feuersee sprechen, beinhalten nicht das Wort ewig. Doch heisst es, dass der Tod nicht mehr gefunden wurde. Der Tod, welcher in den Feuersee geworfen wurde, hörte auf zu existieren. Gott straft nicht ewig, er entzieht die Existenz. Dies meint Paulus, wenn er von ewiger Zerstörung spricht: nicht den Prozess, sondern das unwiederbringliche Resultat.

Die Hölle – die in den Feuersee geworfen wird, die demnach nicht der Ort sein kann, wo ungläubige Menschen ihre Ewigkeit verbringen – ist der Ort, an dem sich Menschen befinden, wenn sie von Schuld, Scham oder Stolz bestimmt sind. Es ist ein selbstgemachter Ort der geglaubten Gottferne während unserer Lebenszeit. Und die Geister, die ich rief, werde ich nun nicht mehr los – ausser durch Vergebung und Wiederherstellung. Darum starb Jesus am Kreuz, denn wir sind davon überzeugt, dass Sühne gemacht werden muss für unsere Sünde. Es ist nicht Gott, der Gerechtigkeit durch Strafe verlangt, sondern wir sind es.

Doch zurück zu unserem Thema:

Christus als der Allumfassende, der Universelle, der sich in der ganzen Schöpfung manifestiert, und Jesus als die zweite Inkarnation, der Mensch wurde, um uns ein Vorbild zu sein und uns aus unserer Hölle zu befreien. Nicht zwei Wesen: Jesus als menschliche Inkarnation des Christus.

Kein strafender Gott dort draussen, mit einer losgelösten Schöpfung. Alles in Christus, bewusst oder unbewusst. Was für ein Bild.

Was ist nun unser Weg in dem allem?

Am Anfang steht die Erkenntnis der Einheit der Schöpfung. Es geht nicht um uns gegen die, sondern um das Sein in Christus.

Und dann, oder besser, damit machen wir uns auf den Weg zurück, zurück zur Liebe, zurück zur Quelle.

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