»Der Tod ist verschlungen vom Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?« Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz. Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus!
1Ko 15:55b-57
Wie sehe ich Sünde?
Sünde ist, seiner Berufung nicht nachzukommen, das Ziel zu verpassen, keinen Anteil zu haben.
Sünde zeigt sich in verschiedenem Verhalten. Diese Verhaltensmuster sind Folge oder Symptome der Sünde.
Es ist notwendig, dass wir kategorisieren. Sprache hat sich vom Konkreten zum Abstrakten entwickelt. Das lässt sich leicht an den Begriffen in der Biologie zeigen: die Kategorie Bäume wurde in frühen Texten durch Aufzählung einzelner Baumsorten ausgedrückt, bevor dann das Wort Baum erfunden wurde, das alle zusammenfasst.
Es ist wichtig, zu wissen, wie sich Sünde ausdrückt. Ein Arzt diagnostiziert eine Krankheit anhand der Symptome. Solange der Arzt kein Heilmittel für die Krankheit kennt, oder die Ursache noch nicht gefunden wurde, werden die Symptome bekämpft. Genau so ist es mit Sünde.
Um zu wissen, was Sünde ist, sagt uns Paulus, wurde uns das Gesetz gegeben. Sünde begann im Paradies: Der Mensch wollte aus eigener Kraft sein wie Gott. Eva hatte der Schlange geglaubt, dass Gott etwas von ihnen zurückhielt, um sie davon abzuhalten, „wirklich“ wie Gott zu sein. Aus dieser Motivation heraus missachteten sie den Befehl Gottes.
Viel Zeit verging, ohne dass der Mensch wusste, was Sünde ist. Er lernte es aus den Folgen seiner Handlungen. Gott investierte bei Abraham in das Vertrauen, nicht in einen ausgefeilten Sündenkatalog.
Erst mit dem Gesetz bei Mose, und jetzt kommen wir zur Aussage des Paulus, wurde uns klar, was Sünde ist. Wie einem kleinen Kind wurde dem Volk Israel Schritt für Schritt, unter Androhung von Konsequenzen, eine Ethik und Moral beigebracht, an der sie langsam den abstrakten Begriff Sünde entwickeln konnten.
Das Volk Israel schaffte dies nicht, im Gegenteil. Sie verfeinerten die Kategorien ad absurdum, waren immer detailversessener, zehnteten Gewürze.
Jesus kam und zeigte ihnen, dass es nicht die Ausübung einer bestimmten Sünde war, sondern dass schon das Denken an die Ausübung selber Sünde war. Viel tiefer aber war, dass er ihnen aufzeigte, dass es ihr getrennt Sein von Gott war, das die eigentliche Sünde war. Er ging sogar noch einen Schritt weiter: er betete, dass wir eins mit dem Vater seien, wie er und der Vater eins seien.
Mit dem Kreuz und der Auferstehung ist uns vergeben, die Sünde hat keine Macht mehr. Es ist unser Ego, unser Fleisch, dass für unser Überleben in der Welt so wichtig war, das uns ständig weis macht, dass wir nach alten Massstäben leben sollen. Es macht uns Angst, um selber zu überleben.
Worin wir uns jetzt befinden, ist nicht der Kampf gegen die Sünde, sondern der Kampf gegen unser eigenes Ego mit den alten Verhaltensmustern. Gott hat uns in Jesus Christus den Sieg über den Tod und damit die Sünde und das Gesetz gegeben.
Ich höre schon den Aufschrei: will er damit sagen, dass jetzt jeder leben kann, wie er will?
Natürlich nicht. Ich spreche ja explizit vom Kampf gegen das Ego.
Was ich sagen will: die Sünde verurteilt uns nicht mehr, sie hat keine Macht, keine Kraft mehr, weil wir nicht mehr unter dem Gesetz leben. Paulus sagt im Galanter, dass wir dem Gesetz gestorben sind.
Wir selber haben aber durchaus noch Autorität und Macht über uns. Jetzt beginnt das tägliche Ausleben unserer Heiligung.
Halt, in einem der letzten Artikel hast Du doch gesagt, dass Gott uns heiligt? Das tut er. Wir leben diese Heiligung aus, oder wir leben sie nicht aus. Wenn wir diese Freisetzung manifestieren, dann leben wir im Paradies. Wenn nicht, durchleben wir unsere eigene private Hölle, mehr oder weniger bewusst und stark, je nachdem, wie bewusst wir uns über diesen inneren Kampf sind.
Wie gehen wir jetzt mit den Symptomen der Sünde um?
Jetzt, da wir wissen, was die Ursache ist, bekämpfen wir sie an der Wurzel und beginnen, Gott zu reflektieren. Dies ist wieder möglich, weil Jesus es uns in seinem Leben vorgemacht und bis zum Tod durchgezogen hat.
Jeder von uns hat die Aufgabe, eine Facette Gottes in diese Welt hinein zu reflektieren. Jesus sagt: wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wenn jemand Dich sieht in Deiner neuen Natur, der hat eine Facette Gottes gesehen. Deine Berufung ist, diese Facette Gottes zu sein, damit Gott in dieser Welt sichtbar wird.
Je mehr ich in diese Berufung hineinwachse, desto mehr werden die Symptome verschwinden. Manche fast automatisch, andere brauchen ziemlich viel Arbeit und Hilfe von anderen.
Das Gesetz hat uns gelehrt, an den Symptomen zu erkennen, dass wir ein Problem haben. Gott hat uns tiefer und tiefer geführt, bis zur Erkenntnis der eigentlichen Wurzel, und von dort hat er uns beigebracht, nicht mehr die Symptome zu bekämpfen, sondern an die Wurzel des Problems zu gehen.
Der Weg des Gesetzes ist einfacher: wir können für alle sichtbar Tafeln aufstellen, die die Symptome beschreiben, und einen Bussenkatalog erstellen mit den Folgen.
Dies ermöglicht es, mit dem breiten Besen die Mengen zu erfassen. Zusätzlich können wir uns um die da draussen, die anderen kümmern.
Der Weg des Herzens, des neuen Bundes ist schwieriger: es geht da um eine Beziehung zwischen mir und Gott, vor allem aber geht es um mich.
Ich staune ob der Geschichte des Zachäus. Er hat den Wunsch, Jesus kennen zu lernen, und Jesus kommt zu ihm nach Hause. Was andere abstösst, überführt Zachäus. Die Annahme und Liebe, die er erfährt, ist Grund genug, dass er sein Denken verändert.
Wir können jetzt sagen, dass die Kultur ihn vorbereitet hatte und er durch das Gesetz genau wusste, was richtig war und was falsch. Das ist in Teilaspekten sicher richtig. Doch war dies eine von den Römern durchdrungene Kultur, vieles war vergessen, anderes hinzugefügt. Wie heute, sind doch auch wir im Westen geprägt von jüdisch-christlichen Werten.
Ich glaube, dass im alten Bund die Gebote heissen: Du sollst nicht lügen. Im neuen Bund verändert sich die Übersetzung, grammatikalisch korrekt im Hebräisch und Griechisch, zu: Du wirst nicht lügen.
Denn wir haben den Geist, der uns lehrt und uns an alles erinnert.
Was also ist Lüge? Was ist Diebstahl? Was ist Ungehorsam? Was ist Fremdgehen? Was ist Homosexualität? Was ist Feigheit? Es sind Symptome der Sünde.
Wenn ich einem Menschen begegne, möchte ich nicht die Symptome behandeln. Und wenn die Wurzel behandelt ist, wer bin dann ich, dass ich dem Geist nicht vertrauen würde, dass er zu seiner Zeit die Symptome heilt? Und manchmal geschieht das, indem er mich braucht, um auf die Symptome aufmerksam zu machen. Dann bin ich gehorsam.