Kategorie: Kirche

  • Der Unterschied zu heute

    Der Unterschied zu heute

    Wie würde sich Kirche als Scenius von den heutigen Modellen und Formen von Kirche unterscheiden?

    Priestertum, Lehrer, Leiter

    In einem Scenius gibt es keine Priesterklasse. Was meine ich damit?

    Im ersten Johannesbrief steht:

    Doch der Heilige Geist, den euch Christus gegeben hat, er bleibt in euch. Deshalb braucht ihr keine anderen Lehrer, der Heilige Geist selbst ist in allen Fragen euer Lehrer. Was er euch sagt, ist wahr und ohne Lüge. Haltet also an dem fest, was euch der Geist lehrt: Bleibt mit Christus verbunden.

    1. Joh 2:27, Hoffnung für Alle

    Es gibt demnach keine Kaste von Menschen, welche die Lehre gepachtet haben. Fokus ist die individuelle Ausrüstung einer jeden vom Heiligen Geist.

    Heisst dies, dass Lehrer – und in der Verallgemeinerung alle Leitungspositionen – überflüssig sind und abgeschafft werden sollen?

    Ich bin überzeugt davon, dass Lehrer für die Gemeinschaft wertvoll sind. Ihre Rolle ist allerdings eine andere.

    Die Gemeinde soll und darf die Lehre nicht delegieren und die Verantwortung dafür abgeben. Sie darf aber von der speziellen Begabung von Lehrern, Zusammenhänge zu sehen, komplexe Themen strukturiert darzustellen und verständlich zu kommunizieren, und von der Leidenschaft der Lehrer für das Forschen profitieren.

    Dies beschränkt sich nicht nur darauf, zu lehren, sondern auch auf die Vermittlung der Lern- und Lehrmethoden an alle. Lehrer sollen sich multiplizieren und jeden befähigen, selbst zu lernen und zu lehren. Wobei natürlich nicht jeder zu einem Lehrer wird, aber zu einem Studierenden.

    Die Rolle des Lehrers wird sich vom heutigen Modell der gesalbten Autorität hin zum Wegbegleiter verändern, und der Lehrer wird seine Rolle individuell nach dem Bedürfnis des Gegenübers ausleben.

    Ich habe keine Lehre. Ich zeige nur etwas. Ich zeige Wirklichkeit, ich zeige etwas an der Wirklichkeit, was nicht oder zu wenig gesehen worden ist. Ich nehme ihn, der mir zuhört, an der Hand und führe ihn zum Fenster. Ich stoße das Fenster auf und zeige hinaus. Ich habe keine Lehre, ich führe ein Gespräch.

    Martin Buber

    Hierarchie

    Heisst das nun, dass es keine Hierarchie mehr gibt in einem Scenius?

    Auch dies richtet sich nach dem Bedürfnis der Menschen in einem Gefäss. Traditionelle Gefässe werden klassische Leiterschaft als Autorität kennen, während moderne Gefässe Leiter kennen, die aufgrund ihrer Fähigkeiten ernannt wurden.

    Postmoderne Gefässe zeichnen sich dadurch aus, dass es keine Leiterschaft und keine Hierarchie gibt.

    Ein integraler Scenius aber kennt natürliche und temporale Hierarchien. So wird ein Lehrer die Leitung eines Seminars oder einer Debatte zur Doktrin übernehmen, während er in anderen Fragen keine besondere Autorität hat. Ein Lobpreisleiter ist demnach nicht der Gemeindeleitung unterstellt, sondern befähigt und bevollmächtigt in Fragen des Lobpreises. Hierarchien werden situativ auf- und abgebaut.

    Gemeinschaft

    Gemeinschaft bleibt wichtig. Auch wenn ich selbst eine Beziehung mit dem Heiligen Geist habe, kommt der Gemeinschaft eine wichtige Rolle zu.

    Lasst uns aufeinander achten! Wir wollen uns zu gegenseitiger Liebe ermutigen und einander anspornen, Gutes zu tun. Versäumt nicht die Zusammenkünfte eurer Gemeinde, wie es sich einige angewöhnt haben.

    Hebräer 10:24-25, Hoffnung für Alle

    Ich würde den Vers anders übersetzen, vor allem den zweiten Teil. Meine Fassung wäre eher:

    Unsere Versammlungen sind nicht länger eine Wiederholung von traditionellen Handlungen, sondern eine notwendige Gemeinschaft, in der wir uns gegenseitig an unsere wahre Identität erinnern.

    Hebräer 10:25b, Mirror Study Bible

    Wir unterstützen, ermutigen, erinnern einander. Dabei geht es nicht um die richtige Lehre, sondern darum, einander anzuspornen und den Genius im anderen hervorzubringen.

  • Kirche – was ist das?

    Kirche – was ist das?

    Ich bin mir sicher, dass jeder eine Meinung hat, was Kirche ist. Diese erstreckt sich vom Wichtigsten auf der Welt zum Überflüssigsten, das die Menschheit je gesehen hat.

    Aber wenn wir nachfragen, merken wir, dass wir meist über ganz unterschiedliche Dinge sprechen. Meinen wir damit das Gebäude, die Institution oder die Menschen, die ihren Glauben ausleben möchten.

    Und wenn wir über dieses Ausleben sprechen, ist die Kirche dann die Gemeinschaft aller Gläubigen, meine Denomination oder meine lokale Gemeinschaft? Sind es alle, die der gleichen Institution angehören und ihren Glauben in demselben Gebäude ausüben?

    Wir merken, dass wir hier über mehrere Dimensionen sprechen, die wir entweder als mathematischer Raum oder als Venn-Diagramm visualisieren könnten.

    Gleichzeitig merken wir, dass wir mit alledem an dem vorbeireden, was Kirche wohl wirklich ist oder sein sollte.

    Gehen wir weiter hinein. Ist Kirche Gottesdienst? Wenn ja, bestimmt die Form, ob etwas tatsächlich Kirche ist? Kein Lobpreis, keine Predigt, keine Eucharistie, keine Evangelisation – wie viel darf fehlen, und wir haben immer noch Kirche?

    Oder kommt es auf die Doktrin an? Bestimmt die richtige Doktrin, ob etwas Kirche ist? Muss ich dem apostolischen Bekenntnis zustimmen können, damit ich Teil der Kirche sein kann? Muss ich ein trinitarisches Gottesbild haben, um Kirche zu sein? In Zungen sprechen? Ein Übergabegebet gesprochen haben, getauft sein? Kann etwas «auch Kirche» sein, wenn die Doktrin sich unterscheidet?

    Nehmen Sie sich doch einen Moment Zeit, um den Begriff Kirche für sich selbst zu definieren.

    Ich habe dies für mich auch getan, und ich gebe zu, dass ich wahrscheinlich etwas mehr Zeit darauf verwendet habe, als ich Ihnen gerade gegeben habe.

    Kirche ist – und das erstaunt Sie jetzt wohl kaum auf einem Blog mit diesem Titel – primär Scenius.

    Ein Scenius ist ein organischer Prozess, bei dem begabte Menschen mit anderen begabten Menschen Ideen entwickeln.

    Ein Scenius ist ein Prozess zur Freiheit, eine tabulose Gemeinschaft im besten Sinne.

    Ein Scenius ist eine Gemeinschaft, in der Menschen ihre Begabungen und Talente füreinander einsetzen und einander zum Erfolg verhelfen.

    Wir kennen das Wort Ekklesia. Die Wortform deutet auf eine Stetigkeit hin, sodass wir es am besten mit «die Gemeinschaft der stetig Herausgerufenen» übersetzen. Damit ist klar, dass es um einen Prozess geht. Aber es ist ebenfalls klar, dass es um Neues geht: Wir werden immer wieder aus dem Bekannten herausgerufen.

    Die Form ist unbedeutend. Ob dafür ein Gebäude verwendet wird, ist abhängig davon, ob die Umsetzung der gefassten Ideen das notwendig macht. Ob eine Organisation oder Institution notwendig wird, hängt von den Mitgliedern des Scenius ab.

    Doch es gibt eine Minimalanforderung an eine solche Gemeinschaft, um sich Kirche nennen zu dürfen.

    In Johannes 15:14 sagt Jesus:

    Unsere Freundschaft wird durch euer kontinuierliches Engagement für den Abschluss meiner Mission bestätigt.

    Mirror Study Bible

    Kirche ist ein Scenius, der sich kontinuierlich für die Mission Jesu einsetzt.

    Zu bestimmen, was das im Einzelnen bedeutet, ist Aufgabe des Scenius.