Glaube ist eine Beziehung

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Wir werden von Gott gerecht gesprochen, indem wir an Jesus Christus glauben. Dadurch können alle ohne Unterschied gerettet werden. Röm 3:22

Paulus nennt dies einen anderen Weg, unabhängig vom Gesetz. Doch was genau ist dieser andere Weg?

Die Grundlage unseres Glaubens ist eine Beziehung.

Die Helfer oder Lehrer

Das geschriebene Wort Gottes, der Heilige Geist, das Gesetz haben in der Bibel den gleichen Auftrag, zu unterschiedlichen Zeiten:

Lasst es mich noch auf eine andere Weise ausdrücken: Das Gesetz war unser Vormund und Lehrer, bis Christus kam. Aufgrund des Glaubens an ihn werden wir vor Gott gerecht gesprochen. Und da Christus nun gekommen ist und mit ihm der Weg des Glaubens, brauchen wir das Gesetz als Vormund nicht mehr. Gal 3:24-25

Das Wort für Vormund und Lehrer, paidagogos, beschreibt den Sklaven reicher Griechen, welcher die Schüler zur Schule und danach wieder nach Hause brachte, mit ihnen Hausaufgaben machte, und sie an alles erinnerte, was der Lehrer die Schüler gelehrt hatte. Das tönt wie unser nächster Vers:

Doch wenn der Vater den Ratgeber als meinen Stellvertreter schickt – und damit meine ich den Heiligen Geist –, wird er euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. Joh 14:26

Und das dritte:

Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam. Es ist schärfer als das schärfste Schwert und durchdringt unsere innersten Gedanken und Wünsche. Es deckt auf, wer wir wirklich sind, und macht unser Herz vor Gott offenbar. Heb 4:12

Das Gesetz, der Heilige Geist, das Wort Gottes zeigen uns den Charakter Gottes, decken unsere Sünden auf, überführen uns und weisen uns den richtigen Weg. Alle drei sind in diesem Sinne Lehrer. Lehrer zeigen uns das Ziel, den Weg dahin, geben uns das Rüstzeug, üben mit uns, korrigieren uns. Die Unterrichtsmethoden und Teilziele sind anders. Mit einem modernen Wort: Stufengerecht. Aber das Ziel ist dasselbe. Uns wieder und tiefer in eine lebendige Beziehung mit Gott zu führen.

Die Beziehung zum Lehrer

Als Kind habe ich zuerst eine Beziehung mit meinem Lehrer. Bevor ich irgend etwas lerne, schenkt mir Gott Personen als Vorbilder. Diese Personen zeigen mir auf, was zu lernen wert ist. Da ich Personen sprechen höre, beginne ich zu sprechen. Die Belohnung, meine Bedürfnisse besser ausdrücken zu können, lässt mich weiter lernen – im Falle des Sprechens. Je älter wir sind, desto mehr können wir auch aus anderen Quellen lernen, z.B. aus Büchern – Lehrer aus der zeitlichen oder räumlichen Distanz haben den Lernstoff persistiert, verfügbar gemacht, wie z.B. die Bibel. Oder ich lerne aus Beobachtung, wobei hier die Natur mein Lehrmeister ist, z.B. durch experimentelle Forschung. Genau so lerne ich durch Beziehungen zur Bibel, zum Gesetz, zum Heiligen Geist erst Gott kennen.

Ein Wort zur experimentellen Forschung: nicht jedes Experiment, das misslingt, beweist, das die Hypothese, die Annahme falsch war. Ich erinnere mich an den Chemieunterricht – kleine Fehler in der Durchführung führten zum Misserfolg. War deshalb die Chemie falsch? Wenn ich Wasser zum Kochen bringen möchte, höre ich auch nicht frühzeitig auf und habe damit bewiesen, dass heute Wasser nicht kochen kann. Aber wie steht es mit Heilung und dem Wort Gottes? Doch weiter im Text.

Habe ich aber eine Beziehung zu Jesus und dem Vater aufgebaut, wird sie zur Quelle, nicht mehr der Lehrmeister.

Die Beziehung zur Quelle

Als Schüler im Internat hatte ich ausgiebige Studiumszeiten, bis zu 4 Stunden pro Tag. In diesen Studiumszeiten durften wir entweder Hausaufgaben machen oder die Bibel lesen – es war ein katholisches Internat. Da ich meine Aufgaben selten und, wenn überhaupt, sehr schnell erledigte, hatte ich viel Zeit, die Bibel zu lesen. Das Wort Gottes ohne den Heiligen Geist zu lesen, ist wie ein Buch mit sieben Siegeln. Ohne den Geist ist es entweder ein, zugegebenermassen, streckenweise interessantes Geschichts- oder Geschichtenbuch, oder ein Gesetzbuch, welches ich durch Leistung und Zwang erfüllen zu müssen meine. Ich sage hier mitnichten, dass es wirkungslos sei – wenn jemand ein göttliches Prinzip lebt, funktioniert es. Auch ohne den Heiligen Geist. Bis zu einem gewissen Grad.

Trotzdem hat mich die Bibel zu Gott geführt. All das Wissen durfte, angestossen und genährt durch Erlebnisse und Nachdenken, zu Erkenntnis werden. Und so kam der Tag, an dem ich vor Gott kapitulierte – und die Bibel mit Leben explodierte. Heute habe ich aber keine Beziehung mehr zu Gott wegen der Bibel, sondern ich habe eine Beziehung zur Bibel wegen meiner Beziehung zu Gott.

Und Abram glaubte dem Herrn und der Herr erklärte ihn wegen seines Glaubens für gerecht. 1Mo 15:6

Abraham glaubte weniger, weil Gott es gesagt hat, als vielmehr, weil Gott es gesagt hat.

Genauso liegt mein Vertrauen, mein Glauben in Gott, nicht in seinem Wort. Aus meinem Vertrauen zu Gott heraus halte ich seine Worte hoch. Ich kann nicht mehr Gott begegnen, weil ich dem Gesetz folge leiste, sondern ich bin seinen Regeln für gesunde Beziehungen gehorsam, weil ich ihn liebe.

Daraus folgt, dass, wenn ich sein Wort nicht verstehe, dies meiner Beziehung zu ihm keinen Abbruch tut. Wenn mein Verständnis der Bibel herausgefordert wird, muss ich deswegen meine Beziehung zu Gott nicht hinterfragen.

Missverständnisse

In jeder Kommunikation geschehen Missverständnisse. Wir sind unterschiedlich geprägt, verstehen bestimmte Worte oder Aussagen sehr unterschiedlich, haben sie mit Ereignissen und Erlebnissen verknüpft, die bei jedem Menschen etwas anderes auslösen.

Solche Missverständnisse können zu einem gestörten Verhältnis führen. Es braucht Vertrauen, trotzdem aufeinander zuzugehen. Vertrauen in den anderen, vertrauen in die Beziehung. Nicht Vertrauen in das Gesagte. Kennen, nicht Information. Obwohl Information enorm wichtig ist, wird sie dadurch, dass wir den „Informanten“ kennen, zu Erkenntnis, vertrauenswürdig, steht aber nie für sich allein, sondern ist korrigierbar. Der „Informant“ kann und darf uns darauf hinweisen, dass wir ihn falsch verstanden oder seine Information missbraucht oder verfälscht haben. Und weil wir ihm vertrauen, lassen wir das zu.

Im Griechischen stammen die beiden Worte für Glauben und Vertrauen vom gleichen Wortstamm ab, pistis und pistos. In zwischenmenschlichen Beziehungen kann ein Missverständnis zu einem Vertrauensverlust führen, vor allem bei dem, der sich missverstanden fühlt. Von Gott heisst es aber:

Sind wir untreu, bleibt er treu, denn er kann sich selbst nicht untreu werden. 2Ti 2:13

Gott glaubt an uns.

Unser Ausgangsvers zeigt uns also, dass es unser Teil ist, ein Vertrauensverhältnis zu ihm, zu Jesus aufzubauen.

Im Hebräischen steht das Wort für glauben, aman, auch für: sich um jemanden (wie ein Vater) sorgen, jemanden ernähren, sich in jemanden investieren, jemandem vertrauen, jemanden auf(er)bauen.

Beispiele

Es gibt mehrere Geschichten in den Evangelien, die das eindrücklich verdeutlichen.

Im fünften Kapitel des Markusevangelium nimmt Jesus nur Petrus, Johannes und Jakobus mit, als er zu Jairus nach Hause ging, um dessen Tochter zu heilen. Oder besser, von den Toten zurückzuholen. Ebenso nimmt er nur diese drei auf den Berg der Verklärung mit in Kapitel 9. Oder im Garten Gethsemane, in Kapitel 14. Waren diese drei heiliger als die andern? Wenn wir Petrus am Tag der Gefangennahme Jesu betrachten, zweifle ich daran. Aber sie hatten ein tieferes Vertrauensverhältnis mit Jesus. Das schliesse ich z.B. daraus, dass sich Johannes der Jünger, den Jesus lieb hatte nannte. Oder das Petrus sich einiges getraute, was sich die anderen nicht getrauten – nicht nur, weil er vorlaut war. Auch war es Petrus, der als erster aussprach, eventuell sogar erkannte, dass Jesus Gottes Sohn war. Der Messias.

All dies ist ein Prozess. Als Kinder lernen wir, den Eltern zu vertrauen, sofern wir in einem gesunden Elternhaus aufwachsen dürfen. Diese Beziehung verändert sich über die Zeit, wird mehr und mehr von meiner eigenen Reife und Verantwortung geprägt. Doch das Vertrauen bleibt nicht nur bestehen, sondern wächst. Wie viel mehr in der Beziehung zum perfekten Vater.

Wie steht es mit Deinem Glauben? Ist er in erster Linie eine Beziehung zu Gott, oder eher ein System von Wahrheiten und Regeln?

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