Der Mensch kreiert, was Gott schenken möchte: einen Körper

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Denn wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl es viele sind, einen Leib bilden, so auch Christus. 1Ko 12:12

Computer verbinden

Das Internet ist wahrscheinlich die beste Maschine, die der Mensch je gebaut hat. Es ist ein paar Jahre jünger als ich. Als ARPA Net in den Sechzigern entstanden, verband es ein paar Universitäten und Regierungsstellen. In den Siebzigern und Achtzigern eroberte es die Welt. Die erste Phase seiner Geschichte—die Verbindung von Computern. Da kam ich dazu.

Damals war das Internet ein Netzwerk von Computern mit komplizierten Adressen. Du hast Dich mit anderen Computern verbunden und Informationen ausgetauscht. So gesehen hast Du Deinen Computer geteilt.

Aber warum die beste Maschine? Weil sie noch nie ausgefallen ist, auch wenn Teile davon von Zeit zu Zeit offline waren. Das Internet kommt so einem Organismus sehr nahe: Ausfallsicher, selbst wenn Teile versagen.

Wie arbeitete man damals mit dem Internet? Wenn man einen Flug buchen wollte, rief man den Computer eines Fluglinien-Angestellten an.

Seiten verbinden

1989 schlug Tim Berners-Lee vor, was man heute als Web kennt, und 1991 ging die erste Webseite online. In der Schweiz nota bene, nur um das klar gemacht zu haben. Seit dann wuchs das Netz auf über eine Billion Einzelseiten mit 3 Milliarden Benutzern. Wir versenden 10’000 Tweets, laden 2600 Bilder zu Instagram hinauf, machen 1800 Skype calls, versenden 2.5 Millionen Emails, schicken 30 Terabyte Daten durch das Internet—pro Sekunde.

Am Wichtigsten aber sind die über 55 Billionen Links. Webseiten sind verbunden. Die Zahl der Geräte im Internet ist grösser als die Zahl der Neuronen, der Hirnzellen in einem menschlichen Gehirn, und die Links übersteigen die Zahl der Synapsen, der Verbindungen zwischen diesen Zellen, bei weitem. Man geht davon aus, dass in wenigen Jahren mehr Geräte und Links im Web sind, als alle menschlichen Hirne zusammengenommen Neuronen und Synapsen haben, da sich die Grösse des Internets jedes Jahr verdoppelt. Bei der Speicherkapazität hat uns das Internet schon lange überholt.

Wenn ich jetzt einen Flug suche, dann über die Webseite der Fluglinie.

Daten verbinden

Seit einiger Zeit sind aber Webseiten nicht mehr das Wichtigste im Netz. Jetzt verbinden wir Daten. Das Netz sammelt Daten über Menschen und Dinge und arbeitet damit. Das merken wir heute am Besten anhand der personalisierten Werbung, und das ist erst der Anfang. Siri, Cortana und andere kennen uns besser und besser und werden unsere persönlichen Assistenten und Ratgeber.

Computer sind so viel besser im Durchforsten von Daten. Darum verlassen wir uns mehr und mehr auf sie, wenn wir Informationen brauchen oder Entscheidungen treffen. Diese digitalen Assistenten machen das Web menschlicher und schaffen fast so etwas wie Identifikation. Identifikation mit dieser Maschine, die wir Web nennen.

Warum sollte ich nicht Siri fragen, wo ich heute Mittag essen soll? Sie—wirklich?—kennt meine Gewohnheiten und Vorlieben und die Restaurants in der Gegend. Lass sie entscheiden, dann kann ich mich auf Wichtigeres konzentrieren.

Indem ich mehr und mehr meiner Daten zur Verfügung stelle, verwischen die Grenzen zwischen mir und meiner digitalen Repräsentation. Eine natürliche Weltanschauung, in der alles aus Materie besteht und den Naturgesetzen unterworfen ist, sieht bereits die Möglichkeit, mein Wesen, mein Wissen und meine Charakterzüge in die Maschine zu laden, damit ich unsterblich werde. Natürlich hat hier Seele und Geist keinen Platz. Aber werden wir erkennen, dass hier bloss etwas simuliert wird, wenn die Simulation realistisch genug ist?

Jetzt suche ich übrigens keine Flüge mehr. Ich frage Siri, wo ich Ferien machen soll, und sie schlägt mir ganze Arrangements vor.

Menschen und Dinge verbinden

In der Zukunft werden Dinge zum Spiel dazu stossen—das Internet der Dinge. Das hat bereits begonnen.

Stell Dir Deinen Kühlschrank im Web vor. Bevor Du die Arbeit verlässt, rufst Du den Kühlschrank an, was Du auf dem Nachhauseweg noch besorgen musst, um das köstliche Poulet a l’Orange zuzubereiten, dass Dir Siri vorgeschlagen hat. Den Kühlschrank, nicht Deine Frau.

Oder Du lässt den Kühlschrank alles Notwendige gleich besorgen und per Drohne liefern, bis Du zu Hause bist.

Dann steigst Du in Dein selbstfahrendes Auto, weil Du Dich heute wieder einmal entschieden hast, wirklich zur Arbeit zu gehen, statt Deine Kollegen von zu Hause aus in der virtuellen Realität zu treffen. Da stellt der Sitz des Autos fest, dass Du ganz verspannt bist, und schlägt ein Bad vor. Dieses ist in dem Moment bereit, wenn Du zu Hause ankommst, weil Dein Auto die Badewanne vorgewarnt hat. Natürlich spielt Deine Lieblingsmusik, und das Buch, das Du gestern angefangen hast, ist an der richtigen Stelle aufgeschlagen auf dem Bildschirm.

Es geht nicht mehr lange, und das ist Realität. Wir sind an der Arbeit.

Werde ich dann immer noch fliegen, oder meine Ferien in der virtuellen Realität verbringen? Siri, buche mir doch mal einen Ausflug zum Mond für nächsten Monat, und lass meinen Sitz bereits meine Masse wissen, damit er sich perfekt anpassen kann.

Und immer noch war die Maschine nicht für eine Sekunde ausgefallen.

Parallelen

Warum spreche ich über all das auf einem christlichen Blog?

Erwarte nun nicht, dass ich über das Internet losziehe und es als das Tier, als die Statue in der Offenbarung bezeichne, der der Prophet Leben einhaucht. Oder als Antichrist. Das ist zu offensichtlich und billig. Und es greift zu kurz.

Was ich zeigen möchte, ist, wie tief Gottes Plan in unser System eingepflanzt ist.

Wie bitte?

Was Gott möchte, ist Einheit. Er schuf uns, um Beziehung zu haben. Um mit ihm zu leben, zu arbeiten, alles zu erfahren. Mit ihm eins zu sein. Darüber spricht Paulus: Christus ist der Körper, das Netzwerk mit Jesus als Haupt und uns als Körper, als Zellen. Jeder, ja alles verbunden in Einheit. Das ist der grosse Wunsch, den Gott in unser Herz gepflanzt hat. So tief verbunden zu sein mit ihm und anderen, dass die Grenzen verschwimmen und wir eins werden. Das wir zu ihm werden.

Im Garten haben wir entschieden, wie er, ja, ihm gleich zu sein, statt Teil von ihm, eins mit ihm zu sein. Jemandem gleich sein bedeutet aber, von ihm getrennt zu sein. Eine Kopie. Und daran haben wir seither gearbeitet. Eine perfekte Kopie von Gottes Plan zu schaffen, einfach ohne ihn.

Wir imitieren Verbundenheit durch Online sein, durch drahtlose Netzwerke. Kommunikation durch Datenaustausch. Zusammenarbeit durch Delegation an die Maschine und digitale Assistenten. Beziehung durch soziale Netzwerke.

Und ja, wir werden eins. Der Mensch ist heute bereits und noch mehr in der Zukunft nur eine Zelle in einem grösseren Organismus, dem Körper des Internets. Verbunden durch immer menschlichere Schnittstellen wie natürliche Sprache, Gesten, sogar Implantate.

Es erstaunt mich, wie sehr es in unserem Wesen, unserer DNS verankert ist, eins zu werden und doch unsere Individualität zu behalten. Wir versuchen uns selbst zu bleiben, und geben mehr und mehr von uns preis, transparent und gläsern zu einem Grad, wie wir es nie wollten. Sogar ohne Gott versuchen wir so sehr, unsere Bestimmung zu erreichen.

Konsequenz

Will ich nun dafür plädieren, dem Internet den Stecker zu ziehen? Nein. Da würden wir wieder einmal dem Falschen die Schuld zuschieben. Werkzeuge waren lange genug unsere Sündenböcke, und das Christentum ist bekannt dafür, Dinge zu verteufeln, wie zum Beispiel das Fernsehen, nur damit wir uns nicht ändern und keine Verantwortung übernehmen müssen.

Das Netz wird nie wirkliche Einheit bringen. Dein Hirn in einen Computer zu laden, wird Dich und Deine Persönlichkeit niemals für die Ewigkeit konservieren. Beides werden nur Simulationen sein, schlechte Kopien, Stereotypen, billiger Abklatsch.

Stell Dir mal vor, wir würden diese Werkzeuge—Internet, künstliche Intelligenz, künstliches Leben—zusammen mit den ganz alten—sich persönlich treffen, Sprache, die Natur geniessen—und allem dazwischen—Schreiben, Telephone, Mobilität, Kochen—verwenden, um Beziehungen zwischen uns und mit Gott zu bauen.

Lass uns weder die Werkzeuge vergöttern, noch ihre Nützlichkeit verleugnen. Sehen wir sie als das, was sie sind: Werkzeuge.

Genügt Dir der billige Abklatsch, oder willst Du das Echte? Lass es mich wissen.

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